Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 6/829


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, sehr geehrter Herr Weinrich vom Katholischen Büro! Wir haben es hier mit einem Gesetz zu tun, welches uns besonders wichtig ist als rot-rot-grüne Koalition und welches eine echte Altlast abräumt. Eine Altlast wird allgemein definiert als ein für eine lange Zeit ungelöstes Problem oder eine nicht erledigte Aufgabe. Charakteristisch ist auch, dass es dafür meist keine einfache Lösung gibt und dass die meistens auch sehr teuer ist. Ich denke, so haben wir es hier auch. Erstens, die Vorgaben des Landesverfassungsgerichtshofs auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode im Gesetzestext als Rechtsstaatsprinzip gilt es zu beachten. Zweitens, die Nachholbedarfe und die Planbarkeit haushalterisch und rechtlich abzusichern und drittens – und das natürlich auch im weiteren Verfahren – das entsprechende Verfahren auch selbst gut zu begleiten, unter anderem auch mit dem Einbezug über die schriftliche Anhörung der Träger.


Wir hatten uns vorgenommen als rot-rot-grüne Koalition, zum 01.04. schon einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Dies ist aufgrund der Altlast schwer möglich gewesen. Ich sage aber, dass wir heute vor der Sommerpause einen Gesetzesvorschlag bzw. ein Gesetz hier vorlegen seitens der rot-rot-grünen Landesregierung, beweist nicht nur Handlungsfähigkeit, sondern es beweist auch, dass wir mit all den Partnern, die wir in dem Prozess haben, in einen konstruktiven, manchmal auch streitigen Dialog gegangen sind, und hier und heute etwas vorlegen, was Zukunft gestaltet.


Dafür möchte ich mich ganz besonders bedanken. Dr. Birgit Klaubert hat es mir schon vorweg genommen, vor allen Dingen auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, die oftmals an der Leistungsgrenze dessen, was abforderbar war, gearbeitet haben. Ich möchte mich natürlich auch bei unseren Mitarbeitern in der Fraktion bedanken, die auch oftmals an der Leistungsgrenze dessen, was möglich war, gearbeitet haben. Und natürlich auch bei allen beteiligten Ministerien, dass das heute möglich ist. Wir sind mit der Vorlage des Gesetzes ein Stück weiter gekommen bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags. Was steht im Koalitionsvertrag?


Erstens, ein Festbetragsmodell ist festzuschreiben mit einer jährlichen Steigerungsrate. Das haben wir gemacht. Wir haben mit 12,3 Millionen Euro – wie schon beschlossen im Haushalt und wie jetzt begleitet im Gesetz – das Festbetragsmodell gesichert und mit einer jährlichen Steigerungsrate von 1,9 Prozent erstmals zum 01.02.2017 und dann nachfolgend immer zum 01.08.2018 und die Folgejahre haben wir die entsprechende Steigerungsrate gesichert. Frau Ministerin Klaubert hat schon darauf hingewiesen, dass wir damit über alle Schularten hinweg die freien Schulen in Thüringen so ausstatten, dass sie auf den vordersten Plätzen, in der Regel auf Platz 2 bis 3 landen. Das ist eine deutliche Stärkung. Wir erwarten mit der jährlichen voraussichtlichen Steigerungsrate bis 2019 in etwa 7,6 bis 11 Millionen Euro jedes Jahr einen Aufwuchs. Und von 135,5 Millionen unter der letzten Landesregierung in 2014 haben wir voraussichtlich einen Aufwuchs auf 182,4 Millionen Euro in 2019. Das ist ein starkes Bekenntnis von Rot-Rot-Grün, denn mit knapp 47 Millionen Euro mehr finanzieren wir damit auch gute Bildung und gute Bedingungen in der Bildung, auch und insbesondere an den freien Schulen. Damit haben wir eine auskömmliche Finanzierung gesichert und – das ist mir natürlich auch besonders wichtig – die wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte auch gesichert. Denn viele Träger haben insbesondere in den letzten Jahren Eigenbeiträge von ihren Lehrkräften abgefordert und auch abfordern müssen. Die Lehrkräfte sind das mitgegangen und ich denke, es kann nicht Ausdruck dessen sein, was wir wollen, dass eine Lehrkraft, wenn es um gute Bildung geht, um die freie Konzeptwahl, dann auch noch Geld mitbringen muss. Da sind wir auch in der Pflicht und der haben wir uns gestellt.


Zweitens: Was steht im Koalitionsvertrag? Die Genehmigungspflichten für das pädagogische und das Leitungspersonal sollen abgebaut werden. Die umfassende Änderung des § 5 führt zur Vereinfachung und zur Entbürokratisierung. Der Einsatz von Lehrkräften ist zukünftig nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen. Ebenso sind wesentliche Änderungen nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen. § 5 Abs. 3 regelt die Genehmigung und Stellung der Schulleiter neu. Schulleiter sind zentral für die Umsetzung des Bildungsauftrags, natürlich nicht nur bei den freien Schulen, und für die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen verantwortlich. Bei einer Ein-Personen-Schulleitung muss daher dieser Schulleiter eine vergleichbare Ausbildung von Lehrkräften der Schulart haben, bei einem – und das ist neu – Schulleitergremium oder  kollektiv muss mindestens die Hälfte des Gremiums ein Lehramt inne haben. Dies soll auch den pädagogischen Sachverstand im Gremium weiter gewährleisten.


Drittens zum Koalitionsvertrag: Es soll verhindert werden, dass die Elternbeiträge sich in einer Weise entwickeln, die den Zugang zu einer Frage der sozialen Segregation macht. Das ist auch ein grundgesetzlicher Anspruch. Ich habe schon ausgeführt, dass das schon im Finanzierungsteil steckt, aber, und das ist auch aufgenommen, auch die Schulträger sind angehalten mit dem Absatz 5, zum Stichtag 1. Juli 2016 die Höhe des zu zahlenden Schulgelds mitzuteilen. Dies ist erforderlich, da wir es hier natürlich, das ist ja schon oft genug besprochen worden, mit einem Drei-Säulen-Modell zu tun haben und wir natürlich auch als Land und als Gesetzgeber den Anspruch auf Nichtsegregation überprüfen wollen. Damit sind die wesentlichen Teile des Koalitionsvertrags enthalten und wir werden nun in die Diskussion im Bildungsausschuss eintreten.


Wie waren nun die Reaktionen der Träger? Aus der „Thüringer Allgemeinen“ vom 30.06. Zitat von Marco Eberl von der Evangelischen Schulstiftung; er nannte es „eine gute Nachricht, die Planungssicherheit für die kommenden fünf Jahre schafft“. Und Winfried Weinrich vom Katholischen Büro spricht von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Es ist das erste Mal, so sind sich die Träger einig, dass in Thüringen für längere Zeit Planungssicherheit geschaffen worden ist. Und unter anderem Schulsanierungen können nun auch angegangen werden und Darlehen dafür aufgenommen werden. Die Kritik vom heutigen Tag von Herrn Weinrich in der TLZ werden wir – im gegebenen Kostenrahmen – im parlamentarischen Verfahren natürlich zu wichten wissen.


Ich fasse zusammen: Das vorgelegte Gesetz führt zu einer auskömmlichen Finanzierung und zu Planungssicherheit der Träger, zur Möglichkeit angemessener Elternbeiträge, zur Umsetzung des Urteils des Landesverfassungsgerichtshofs, zu einer Stärkung der Entwicklung und Festigung der Bildungslandschaft in Thüringen.


Ich möchte zum Schluss noch Aristoteles, etwas abgewandelt, zitieren. Aristoteles sagte: „Die Wurzeln der Bildung sind bitter, die Früchte aber süß.“ Ich sage hier mal: Die Wurzeln eines jeden Kompromisses sind bitter, aber ich bin mir sicher, dass die Früchte süß sein werden.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich beantrage für meine Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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