Thüringer „Betreuungsgeld“ hält Kinder von Bildungsangeboten im frühkindlichen Bereich fern

Angesichts von neuen Forschungsergebnissen zu Auswirkungen des Thüringer Erziehungsgeldes, erklärt der Bildungsexperte der Thüringer LINKEN und Jenaer Direktkandidat zur Landtagswahl Torsten Wolf:

„Es ist sehr fragwürdig, wieso die SPD, die sich bisher immer für die Abschaffung des in Thüringen doppelt ausgezahlten Betreuungs- bzw. Landeserziehungsgeldes ausgesprochen hat, jetzt dazu verstummt. In der schwarz-roten Regierungsbilanz war von der ehemaligen bildungspolitischen Kernforderung der SPD keine Rede mehr. Dabei zeigen neueste Untersuchungen, dass sich ein äußerst trauriger Effekt des Thüringer Landeserziehungsgeldes auch beim bundesweit eingeführten Betreuungsgeld fortsetzt: Kinder werden dadurch von Bildungsangeboten im frühkindlichen Bereich ferngehalten.

Anstatt das Geld unnütz auszugeben und damit sogar negative Effekte in Kauf zu nehmen, sollten die Mittel lieber in die Kitas und einen besseren Betreuungsschlüssel investiert werden. Wir stehen als Linke bereit mit der SPD Bildungs- und Finanzpolitik aus einem Guss zu machen. Ein erster Schritt dazu wäre, das bildungs- und finanzpolitisch unsinnige Thüringer Landeserziehungsgeld im nächsten Haushaltsjahr abzuschaffen, um das Geld in die Kitas und damit die Bildung der Kinder zu investieren.“ so Torsten Wolf abschließend.

Neueste Ergebnisse des Deutschen Jugendinstituts und der Uni Dortmund zur Wirkung des nun bundesweit eingeführten Betreuungsgeldes bestätigen, wie DPA meldet, die in Thüringen gemachten Erfahrungen. Es sind gerade Kinder aus bildungsfernen und einkommensschwachen Elternhäusern, die durch das Betreuungsgeld von Bildungsangeboten im frühkindlichen Bereich abgehalten werden.

In Bezug auf die Wirkung des Thüringer Landeserziehungsgeldes kamen Forscher der Uni Heidelberg zu 5 zentralen Aussagen:

1. Mit Einführung des Landeserziehungsgeldes ging der Anteil der unter Zweijährigen, die in einer Kita betreut werden um 25 Prozent zurück. Der Anteil dieser Kinder, die zu Hause betreut wurden stieg um 20 Prozent.
2. Der Anteil der Frauen, die bis zum 2. Lebensjahr ihres Kindes zu Hause blieben, stieg um 20 Prozent.
3. Kinder, die zu Hause betreut wurden, zeigen eine geringere Sozialkompetenz und geringere alltägliche Fertigkeiten.
4. Bei Geringqualifizierten, Alleinerziehenden und Familien mit niedrigem Einkommen sank der Anteil der in den Kitas betreuten Kinder um 20 Prozent.
5. Das Landeserziehungsgeld hat auch Einfluss auf die Betreuung von über Zweijährigen in der Familie. Wenn das Landeserziehungsgeld in Anspruch genommen wird steigt der Anteil der Geschwisterkinder, die ebenfalls zu Hause bleiben, um 30 Prozent.

Diese Ergebnisse wurden nun durch die Befragung auf Bundesebene bestätigt. 54% der Eltern mit keinem Bildungsabschluss oder einem Hauptschulabschluss nahmen das Betreuungsgeld in Anspruch, anstatt die eigenen Kinder in die Kitas zu bringen. Bei Eltern mit mittlerer Reife war der Anteil nur 14%, bei Akademikern nur 8%. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass das Betreuungsgeld zu einer sozial ungleichen Inanspruchnahme der Angebote frühkindlicher Bildung und Betreuung führt.